Freitag, 29. Juni 2012

Schön war's

'Die Seele geht zu Fuss'. Dieses arabische Sprichwort hat mir eine liebe Freundin mit auf den Weg gegeben. Für meine Seele war das gemächliche Tempo goldrichtig. Ich konnte inne halten, Dinge genauer betrachten, Details und Kleinigkeiten entdecken und bei Bedarf anhalten. Das habe ich sehr genossen. Und ja, ich habe es erstaunlicherweise ganz gut mit mir selber ausgehalten. 
Wie erhofft habe ich sehr schnell Abstand vom Gemeindeammannamt gewonnen, konnte vorwärts schauen und den Kopf auslüften. Meine Fitness hat einen grossen Sprung nach oben gemacht, mein Gewicht einen ebensolchen nach unten. Meine vielfältigen Erwartungen haben sich erfüllt. Am schönsten aber ist das Gefühl, von dieser Reise nicht nur geträumt, sondern das Abenteuer auch tatsächlich gewagt zu haben. Das gibt Mut und Kraft, die nächsten Herausforderungen anzupacken.

Ich danke allen, die auf irgendeine Weise Anteil genommen haben an meiner Reise und für die Mails und Kommentare, durch die ich stets mit der Heimat verbunden war.
Danke an meine Familie für die Unterstützung in allen Belangen.


Ein riesengrosses Danke - verbunden mit einem ebensolchen Servelat - an Luna, die mir eine tolle Reisebegleiterin war und ohne die alles nur halb so schön und lustig gewesen wäre.

Wieder daheim!

Mit über 300km/h sind wir im TGV in Richtung Heimat gebraust, wurden ein bisschen durchgerüttelt, aber sonst war es ganz angenehm.
Das Schönste war natürlich, Jostein und Anja in die Arme zu schliessen. Daheim bin ich da, wo die beiden sind.
Gestern Donnerstag zuerst im Kleiderrausch.........;-)), dann das Stroh vom Kopf schneiden lassen, und zuguterletzt einen riesigen Teller mit Früchten verdrückt.
Ein bisschen haben Luna und ich noch gefremdelt. Sie musste sich ihren Schlafplatz auf dem Sofa zuerst wieder von Kater Mowgli zurückerobern und ich erwachte mitten in der Nacht und kannte mich im dunklen Haus überhaupt nicht mehr aus.
Auch die sommerlichen Temperaturen sind wir nicht gewohnt. Die letzten Wochen war es selten über 15°. Luna kam beim heutigen Spaziergang mächtig ins Hecheln.

Amriswil ist mir etwas fremd geworden. Nicht nur, dass hier alle RECHTS fahren, überall sind neue Verkehrsführungen zu beachten. Umso schöner, dass die ersten bekannten Gesichter, die ich getroffen habe, immer noch so vertraut sind wie eh und je.
Ich bin also wieder zu Hause; glücklich, gesund und reich an tollen Erfahrungen.

Mittwoch, 27. Juni 2012

Materielles

Während der Heimfahrt durch Zentralfrankreich freue ich mich natürlich sehr auf meine Familie, aber auch auf ein paar Dinge, die ich in den letzten Wochen entbehren musste. Nach der Zeit in England wäre als erstes ein knackiger Salat fällig, der den Namen auch verdient.
Schliesse ich die Augen, öffnet sich mein Kleiderschrank mit Kleidern in allerlei hellen und bunten Farben und NICHT aus schnelltrocknenden schwarzen oder grauen Funktionsstoffen. Und Schuhe!!! Eine Auswahl haben an sommerlichen, leichten Schuhen - ein Traum.
Ich muss hier an dieser Stelle aber trotzdem mal meine Ausrüstung loben. Die Kleider waren super. Alles hat zusammengepasst - da wie gesagt in einheitlicher 'Farbe', alles konnte abends ausgewaschen werden und war anderntags wieder trocken. Warnung an meine Familie: Weiss gar nicht, ob ich die Waschmaschine noch bedienen kann.........
Sehr zufrieden war ich mit meinem Rucksack. Er ist kompakt, mit guter Aufteilung und angenehmem Tragsystem und sieht trotz der Strapazen immer noch aus wie neu. Und dann natürlich mein Zauberkästchen, das i-Phone. Ohne dieses wäre einiges komplizierter gewesen. Es hat alles gefunden: Fahrpläne, Tierarzt, Hotels, Petshops, Toiletten, Züge, Busse, EM-Matchresultate, Wetterbericht....und noch vieles mehr. Es war meine Verbindung nach Hause über Blog, Mail, Facetime und What'sApp. Ausserdem hatte ich so - ohne mehr Gewicht notabene - Bücher, Musik, Zeitungen und Spiele immer bei mir. Eine gute Sache.
Das Schweizer Sackmesser durfte natürlich nicht fehlen, und ich gestehe, ich habe auch einen kleinen Föhn mitgeschleppt.
Alles in allem war es ganz heilsam, sich klar zu werden, was man wirklich braucht und dass dieses Notwendige eigentlich so zu reduzieren ist, dass es aus eigener Kraft mitgetragen werden kann. Aber andererseits ist es auch schön, Dinge zu besitzen und zu geniessen mit dem einzigen Zweck, die Sinne zu erfreuen, wie bspw. ein Schmuckstück. Vermutlich ist der bewusste Umgang damit das Entscheidende.
Unterdessen ist der TGV bereits in Belfort angekommen. Luna schläft selig unter dem Sitz und ich träume weiter von Kleiderschränken, Mokkajoghurt, dem eigenen Bett, einem Brünneli mit Mischgarnitur, Birchermüesli, ......

Dienstag, 26. Juni 2012

Heimreise II

Wenigstens hat der neu gekaufte Dalmatinerkäfig jemandem richtig Freude bereitet. In Calais wurde ich von einem schampar schönen, jungen Mann mit dem Auto exklusiv auf dem Schiff abgeholt. Er schäkerte, ich sei wohl mit meinem Rucksack 'une Globetrottesse'. Ich hab das mal als bewunderndes Kompliment genommen............;-))
Ich schilderte ihm und seiner Kollegin dann, dass ich den Käfig hierlassen müsse, worauf ihnen sofort eine verzweifelte, amerikanische Lady einfiel, die versuchte, mit fünf Katzen, drei Hunden und zirka zwanzig Gepäckstücken auf die Fähre zu kommen. Von Käfigen hatte sie nichts gewusst. Ich schenkte ihr den Dalmatinerkäfig und war wieder ganz zufrieden mit meinen eigenen Problemchen.
Calais schien mir heute bei Sonnenschein etwas freundlicher. In 'meinem' Hotel wurde ich mit der Frage begrüsst, ob ich wieder mein altes Zimmer haben möchte.
Für morgen Mittwoch konnte ich den TGV buchen. Ohne Probleme. Es ist schon bald langweilig......
Um 18.35 Uhr komme ich in Zürich an.

Good bye UK

Überraschendes Folkstone. Es ist wunderschön. Hoch auf den Klippen überschaut es den Kanal bis nach Frankreich. Die Promenade lädt zum Flanieren. Der Strand unter den Klippen ist breit und feinsandig.
Nachdem ich gestern einen ersten Stopp im Inland in Exeter gemacht hatte, dort aber keinen Käfig für Luna fand und die Stadt ein wenig trostlos wirkte, bin ich wieder in den Zug Richtung Dover gestiegen und spät abends in Folkstone angekommen. Ich muss das Spontanreisen noch so richtig auskosten.
Heute dann durch Folkstone flaniert, einen Käfig gefunden (Dalmatinergrösse; Luna ist zufrieden) und nach Dover disloziert. Das Prozedere für die Fähre kannten wir ja schon. So sitze ich ganz zufrieden vor meinem (hoffentlich letzten) matschigen Sandwich und sehe bereits Frankreich grösser und grösser werden.
Nun habe ich einen weiteren Tag gewonnen und wenn alles so rund weiterläuft, werde ich am Mittwochabend bereits zu Hause sein. Ich freue mich.

Sonntag, 24. Juni 2012

Abschlusstour

Das war der letzte Abschnitt auf dem South West Coast Path, den ich gewandert bin. Genussmässig, ohne Gepäck.
Am Morgen Überfahrt über die Torbay mit einer Fähre, die wohl den Übernahmen 'schwimmender Kochtopf' trägt. Dass so etwas überhaupt schwimmt.
Die vierstündige Wanderung von Brixham zurück nach Torquay kam wir wie eine Zusammenfassung der bisherigen Englandwanderungen vor. Es gab nochmals Klippen (wenn auch nur kleine), Badebuchten, Schlammpassagen (die liebe ich besonders), Vergnügungsparks am Pier, Wohnmobilanlagen, allerlei Tore zum Durchzwängen oder Drübersteigen, Sandstrände, Kieselstrände, Felsstrände und überall die farbigen Badehüttchen. War das herrlich!
Als wir von einer Klippe in eine kleine Bucht herabstiegen, sah ich unvermittelt zwei Seehunde, die sich etwa dreissig Meter vom Ufer entfernt auf dem Rücken von den Wellen schaukeln liessen. Ein magischer Moment.
So habe ich jede Minute genossen. Meine Schuhe hingegen legten Protest ein. Auf den letzten Kilometern begannen sie, bei jedem Schritt ein äusserst nerviges Geräusch zu erzeugen.
Ich habe verstanden. Es ist genug jetzt.

Tiefdruck über den britischen Inseln

Um den britischen Wetterbericht richtig interpretieren zu können, muss man eine meteorologische Ader haben. Ausserdem hilft ein langweiliger oder gar kein Job, weil man nämlich so jede Stunde einmal reinschauen sollte. Und siehe da: Alles wieder anders als zuvor.
Die letzten Tage war das genau so. Nur eine Konstante war zu erkennen. Heute Sonntag gibt es ganz mieses Wetter. Regenwahrscheinlichkeit 100% von morgens bis abends.
Realität: Es fiel kein Tropfen. Ab Mittag brannte die Sonne ganz sommerlich vom Himmel.
Ich war natürlich in den langen Hosen unterwegs. Man ist sich ja von zu Hause von Herrn Bucheli gewohnt, dass er - trotz Stalkerin - eine zuverlässige Wetterprognose abgibt. Aber die Briten hatten das Badkleid und die Strandausrüstung dabei. Wie machen die das???
Mir dämmert jetzt aber langsam, warum das Wetter bei der Tourenplanung keine Rolle spielt. Man muss es halt nehmen, wie es kommt. Ein gute Übung für einen Kontrollfreak wie mich.

Samstag, 23. Juni 2012

Heimreise I

Heute wieder an der Heimreise gewerkelt. Übrigens ist auch der Wetterbericht von nächster Woche der Meinung, dass Touristen besser nach Süden flüchten. Nur noch der Montag verspricht trockene Abschnitte, danach sieht es düster bis nass aus. Kein Grund also, den Abschied hier in die Länge zu ziehen.
Ein paar Hürden auf dem Weg nach Hefenhofen sind allerdings noch zu überwinden. Buchung des TGV über Internet ist nicht möglich für Reisende mit Hund. Ist diese Kombination denn wirklich so exotisch??? Auch das Reisebüro hier in Torquay konnte mir nicht weiterhelfen. Ich muss also in Calais darauf hoffen, dass ein Plätzli für uns frei ist und wir nicht unnötig lange dort abwarten müssen. Sollte in der Vorsaison eigentlich kein Problem sein.
Im TGV entscheiden übrigens die Mitreisenden, ob der Hund mit darf. Kann ja heiter werden. Ausserdem muss der Maulkorb sichtbar an der Leine mitgeführt werden, damit er auf Wunsch der Reisenden angezogen werden kann. Alles in allem eine ganz praktikable Lösung - wenn denn die Mitreisenden vernünftig sind.
Luna kümmert der Reisekram wenig. Hauptsache das Bett ist weich und der Napf gefüllt.

Ausflug in die Vergangenheit

Cockington ist der Ballenberg der Südküste Englands. Altes Handwerk wird gezeigt. In einer grossen Parklandschaft sind alte Häuser neu hergerichtet worden. Das gab einen gemütlichen, lockeren Ausflug für uns, insbesondere, weil der Ort von meinem Domizil aus gut zu Fuss erreichbar ist. Überraschenderweise sind Hunde für einmal zugelassen; mehr noch, sie durften frei auf den grossen Rasenflächen herumtollen. Luna hat neue, englische Freunde gefunden. Über ein paar hochnäsige Windhunde war sie allerdings nicht 'amused'.
In der Kirche gabs eine echte Hochzeit. Ein kleiner Ersatz für die bislang gesuchte, aber nicht gefundene Rosamunde Pilcher - Szenerie. Irgendewie scheint in jenen Filmen (die ich natürlich NIE schaue; ich weiss es nur vom Hörensagen........) stets die Sonne. Die können nicht in dieser Ecke des Landes gedreht worden sein.
Immerhin bin ich heute trocken über die Runden gekommen und konnte sogar draussen speisen.

Freitag, 22. Juni 2012

Heimreise in Sicht

In einer Woche bin ich bereits wieder zu Hause! Das fühlt sich noch etwas eigenartig an.
Sieben Wochen werden Luna und ich dann auf der Walz gewesen sein. Die achte Woche war für zwei Mitwanderer reserviert. Nachdem das nicht geklappt hat, rückt der Abschied plötzlich ganz nah.
Nun, meine Wanderschuhe sind eindeutig der Meinung, es sei jetzt genug. Sie schwächeln arg und ich müsste mich dringend von ihnen trennen. Das fällt mir natürlich schwer nach einigen hundert gemeinsamen Kilometern. Auch Lunas Ausrüstung fällt langsam auseinander. Ihre Schuhe, äh Pfoten allerdings haben sich wunderbar gehalten. Sie brauchte kein einziges Blasenpflaster.
Ich freue mich sehr auf daheim. Da sind natürlich als erstes meine Liebsten, die ich vermisse. Aber es ist auch einfach schön, wieder im Heimathafen zu sein. Jeden Morgen den Rucksack packen, die Zelte abbrechen und am Abend an einem fremden Ort ankommen ist zwar spannend, aber mit der Zeit auch ermüdend.
So ist also die Organisation der Heimreise angelaufen. Jostein unterstützt mich dabei von zu Hause aus.
Fliegen wäre eigentlich vorgesehen gewesen. In Normaleuropa mit Hund kein Problem. England jedoch wickelt die Tierreisen über eine Frachtfirma ab. Luna würde also wie eine Schachtel übernommen und ans Ziel spediert. Kostenpunkt: 1000 Pfund. Die spinnen die Briten!
Jetzt haben wir wieder das gleiche Problem. Die Fähren nehmen keine Fussgänger mit, der Zug durch den Tunnel keine Hunde. Es hilft nichts, ich werde wieder nach Dover zurückreisen müssen und dann nochmals mein heissgeliebtes Calais besuchen. Wenigstens dürfen Hunde in den TGV. Ich habe schon befürchtet, ich müsste Calais-Paris-Zürich im Bummler reisen.
Also, aber jetzt geniesse ich erst einmal das landschaftlich wunderbare Südengland; heute und morgen in Torquay an der 'englischen Riviera'.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Respekt

Erkenntnis des Tages: Ich bin doch eher eine Schönwetterwandererin.....und Luna auch. Hat sie jetzt da neben mir gerade genickt?
So eine gepflegte Tour, mässig anstrengend, mit hin und wieder einem Beizli.....und natürlich nur bei schönem Wetter; so stelle ich mir das vor.
Stattdessen vier steile Klippen, danach Rollercoasterabschnitt, dreieinhalb von viereinhalb Stunden strömender Regen und ein sumpfiger und glitschiger Pfad. Gerne würde ich in solchen Momenten ausgiebig jammern, aber Luna stellt dann ihre Ohren auf Durchzug und schaut mich mit einem 'glaubst dumirgehtesbesser'-Blick an. So schimpfe ich nur leise vor mich hin, wenn ich zum xten Mal vom Pfad rutsche oder durch die beschlagene Brille die Wegzeichen nicht erkennen kann.
Die Engländer aber - und ich begegne vielen heute an diesem regnerischen Tag - lassen sich von solchen Äusserlichkeiten nicht beirren. Sie ziehen sich ihre grossen Hüte tief ins Gesicht und sind bester Laune. Mich dünkte, heute wurde speziell fröhlich gewitzelt.
Ich bin sehr beeindruckt über die Haltung der Briten in der Natur. 'Reg dich nicht auf über etwas, das du nicht ändern kannst' trifft es vielleicht am besten. Ausserdem sind sie unheimlich zäh, tief und respektvoll mit der Natur verbunden. Man hört sie NIE jammern und sie verlieren in keinem Moment ihren goldigen Humor.
So besinne auch ich mich eines Besseren und freue mich über die schönen Momente von heute, bspw. über die Fährüberfahrt heute morgen mit einem Boot, das eher nach Venedig gehört und das wir ganz für uns alleine hatten oder über die herrliche Aussicht von den Klippen.

Mittwoch, 20. Juni 2012

the british way of life

Zuerst nach RECHTS schauen, dann nach links, bevor man die Strasse überqueren kann. Wie ein Kindergärtler muss ich es jeweils vor mich hinmurmeln.
Hier fährt sogar das Meer links!!! Konnte ich mich auf dem Festland darauf verlassen - wenn das Meer rechts von mir ist, bin ich richtig - so ist das jetzt genau umgekehrt.......
Mit den technischen Einrichtungen haben sie es nicht so, die Briten. An die Funklöcher habe ich mich ja inzwischen gewöhnt. Aber beim Händewaschen stürze ich regelmässig in einen Konflikt: Kaltes Wasser oder süttigheisses? Mischbatterien sind auch anno 2012 nur ganz selten zu finden. So müsste man also, wenn lauwarm gewünscht, das Wasser aus beiden Hähnen im Becken stauen und die Hände darin waschen. Nach dem Hundedreckzusammennehmen habe ich darauf jedoch wenig Lust. Ok, ich erspare weitere Details.
Positiv zu werten ist, dass man jede einzelne Steckdose ausschalten kann. Wenn die nur nicht so komische Kontakte hätten, nämlich _'_ Da ist ein klobiger Adapter nötig.
Manchmal werden gewisse Dinge in den Zimmern eigenwillig montiert, wie das Bild der Schreibenden zeigt, nachdem sie vergeblich versucht hat, sich im Spiegel zu betrachten.
Wichtig ist den Briten natürlich ihr Frühstück. 'Full english breakfest' wird hier gerne und oft bestellt. Das heisst: Eier, Würstchen, Tomaten, weisse Böhnchen in Tomatensauce, Speck und natürlich Toast. Auf dem Tisch steht jeweils eine ganze Batterie Saucen in allen Farben. Das Frühstück muss immer bestellt werden und wird dann serviert. Das dauert. Deshalb gönnt man sich in der Wartezeit als ersten Gang etwas Gesundes..........eine Schüssel gesüsste Cereals mit Milch. Möchte man etwas Konfitüre zum Toast, stolpert man stets als erstes über die bittere Orangenmarmelade. Die konnte ich noch nie leiden. Ich weiche dann auf Honig aus.
Geht man so gestärkt morgens aus dem Haus, begegnet man meist den Schülern, erkennbar an ihren einheitlichen Schuluniformen. Da gibt es alle Spielarten, von traditionell streng bis lässig cool. Nachher sieht man die Schüler tagsüber nicht mehr, weil sie in den Schulen eingeschlossen werden. Kein Witz, manchmal ist das Schulareal durch ein grosses Vorhängeschloss versperrt. Soll der böse Mann nicht rein oder der böse Schüler nicht raus? Man weiss es nicht so genau.
Die Briten sind grosse Hundenarren. Luna wird oft angesprochen. Inzwischen versteht sie ganz gut englisch. Sie wedelt jedenfalls freudig, wenn jemand ruft: You are so sweet!
Trotzdem dürfen hier Hunde nicht in die öffentlichen Bereiche. Wir wurden gar aus einem Buchladen hochkant rausgeworfen, obwohl sich Luna nicht im geringsten für die Bücher interessierte und bestimmt auch keines angesabbert hat. Nun wartet Luna meist im Zimmer, wenn ich etwas einkaufen gehe. In einzelnen Fällen -aber nur ungern - muss ich sie draussen anbinden; ungern deshalb weil sie dann den 'binichnichteinarmeshundeli'-Blick aufsetzt und ich Angst habe, dass jemand ihrem Charme erliegt und sie mitnimmt.

Gemässigter

Gestern dann eine Fahrt über Land bis nach Exmouth. Auch das Inland hat seine Reize....aber es fehlt halt das Meer! Jetzt bin ich bald sechs Wochen unterwegs und habe immer noch nicht genug davon. Könnten wir nicht in Hefenhofen als Attraktion ein Ozeanarium bauen? Ich wäre dabei.
Heute gabs als erstes eine Überfahrt mit der Fähre über den Fluss 'Exe', dann eine gemütliche Wanderung dem Strand entlang. Zwei Stellen konnten nur bei Ebbe passiert werden, weshalb man vorher den Gezeitenkalender konsultieren musste. Hat aber schön gepasst.
Teignmouth ist ein verschlafenes kleines Städtchen. Ich genoss eine exklusive Stadtführung durch den Chef des heutigen Guesthouses. Sagt der doch tatsächlich, er würde nie, nie im Meer baden gehen.
Am Strand gibt es 'coast-watchers'. Zwei Personen überwachen permanent das Meer von Auge. Dieser Dienst wurde 1995 an der ganzen Küste wieder eingeführt, nachdem zwei Fischer direkt vor einem solchen geschlossenen Posten ertrunken sind.
Ausserdem noch erwähnenswert: 1975 entdeckte ein 13-Jähriger beim Tauchen die Kanone eines im 17. Jahrhundert gesunkenen Schiffes. Unterdessen wurden noch einige Gegenstände und Münzen geborgen, die man im hiesigen Museum bestaunen kann.
Nach so vielen neuen Eindrücken musste ich zur Stärkung eine neue Variante des 'afternoon tea' ausprobieren, mit cheese-scones, ganz mürbem Cheddar, gut abgehangenem Brie und Feigenkonfi. Kann ich allen Käsefreaks empfehlen.
Für die Nacht und für morgen ist eine Wetterwarnung rausgegangen. Heftige Regenfälle und Überschwemmungen werden erwartet. Das morgige Programm muss deshalb vielleicht angepasst werden.

Montag, 18. Juni 2012

Very British

Nach der heutigen Anstrengung gönnte ich mir einen klassischen 'Afternoon Tea'. Tee mit Zucker und Milch, dazu Gurkensandwiches, bei denen ganz königlich der Rand abgeschnitten ist und Scones mit dicker, fetter Sahne und Erdbeerkonfitüre. Lovely!

Die Klippen

Ich gebe es zu: Ich hatte ein wenig Schiss vor dem Klippenwandern. Bin ja stark von Höhenangst geplagt und wenn ich über das Felsband auf die Meglisalp laufen soll, kriege ich die Panik.
Bereits sah ich alle Horrorszenarien vor mir: Luna stürzt über die Klippen, ich stürze über die Klippen, wir stürzen beide hinunter, ich liege irgendwo mit gebrochenem Bein (der Empfang mit dem Natel ist nicht überall gegeben). Mein Guide listet denn auch Verhaltensregeln auf: Hunde an die Leine (weil jedes Jahr einige Hunde auf der Hasenjagd von den Klippen stürzen), nicht zu nahe an den Klippenrand (weil sie wie beschrieben stark abbröseln), nicht unter die Klippen stehen (aus demselben Grund), jemandem mitteilen, wohin man wandert.
Ich stellte gestern und heute aber fest, dass man selten einen ungehinderten Blick gerade nach unten hat. Meist gibt es auch gegen die Landseite Ausweichrouten - ausgenommen, wenn ein Golfplatz auf der Landseite liegt. Dann wird dieser durch einen Stacheldrahtzaun vor uns Trampeltieren geschützt. Der Wanderer kann sich ja notfalls über die Klippen stürzen. Typische Zweiklassengesellschaft.
Jedenfalls bin ich sehr froh, dass ich ohne Schwindelanfälle über die Klippen kam. Die Aussicht ist wirklich atemberaubend.
Nur Luna muss jeweils an die Leine. Sie würde nicht nur bei einem Häsli, sondern auch bei einem fliegenden Plastiksack blind hinterherjagen. Es gab aber trotzdem genügend Strecken, wo sie frei laufen konnte.

Jurassic Coast

Gottseidank kein T-Rex um die Ecke gekommen! Die Küste heisst ganz harmlos so, weil sie geologisch interessant ist und hier übermässig viele Versteinerungen gefunden werden.
Die Klippen prägen das Bild und auch den Laufrhythmus.
Hatte ich gestern bei einer 'moderaten' Tour nur zwei Klippen zu bewältigen, sah das heute bei dem als 'anstrengend' eingestuften Abschnitt ganz anders aus.
Am Morgen waren zum Warmwerden vier circa hundert Meter hohe Cliffs zu überqueren. Das heisst, ab Meereshöhe steil aufsteigen, oben entlangwandern, danach wieder steil runter ans Meer, dann aufs nächste Cliff. Dann der Höhepunkt: 'The Golden Cap', das höchste Cliff an der Südenglischen Küste, stolze 191m hoch. Zum Auslaufen folgte dann ein Abschnitt, den mein Buch sinnigerweise als 'Rollercoaster-Path' bezeichnet. Wer gerne 'Wilde Maus' fährt, weiss genau, was gemeint ist.
Das Cliff vor meinem Endpunkt Lyme Regis ist vor einiger Zeit ins Meer gebröselt, der Pfad deshalb geschlossen, was uns mit bestem Gewissen in den Bus einsteigen liess.
Jetzt beschleichen mich böse Ahnungen, was denn mein Buch mit Stufe vier 'severe', also 'schwer' meint.....

Samstag, 16. Juni 2012

Andere Verhältnisse

Heute also die erste Etappe auf dem South West Coast Path. Aufwärmrunde sozusagen......dachte ich.
Man muss ja zuerst ein bisschen spüren, wie der Hase läuft. Gut deshalb eine Etappe, die im Guide als leicht eingestuft ist. Leicht? Im Prinzip ja, aber........ Es gab keine Klippen und wenig auf und ab. So gesehen leicht. Man ahnt das grosse ABER schon.
Der Pfad war unheimlich matschig. Mehrere Male stand ich bis zum Schuhschaft im Morast. Zwei mit vermutlich knietiefem Wasser gefüllte Sumpflöcher und ein Bach mussten überquert werden. Luna hat jetzt die Fluglizenz! Ich musste sie alle drei Male werfen und war deshalb sehr froh über den Handgriff an den Satteltaschen.. Am meisten Kraft kostete mich aber das einfache Geradeauslaufen. Der Wind zerrte so heftig an meinem Rucksack, dass ich manchmal schwankte wie ein Seebär bei Landgang. Zweimal fiel ich beinahe auf die Nase, einmal dabei in einen Stacheldraht gegriffen. Autsch.
Gefühlte fünfzig Weiden durchquert. Die eine Hälfte mit Türli, die andere Hälfte zum Drübersteigen. Diejenigen zum Drübersteigen natürlich am Schluss, als die Kräfte nachliessen. Jedesmal musste ich auch Luna mit ihren Satteltaschen darüber hieven.
Trotzdem - wir sind stolz - haben wir eine Gruppe und ein Ehepaar überholt! Wir brauchten für die zwanzig Kilometer sechs Stunden!! ......und alles schmerzt ein bisschen.
In Abbotsbury dann die Suche nach einem Zimmer. Im ersten (feinen) Guesthouse wurde Luna nicht zugelassen, obwohl sie ihren süssesten Dackelblick aufgesetzt hatte.
Ehrlich gesagt: Ich hätte uns auch nicht genommen, so schlammverspritzt wir waren. Dann vier weitere Absagen. Das Problem war eine Hochzeitsgesellschaft im Dörfli, die alle Zimmer besetzte. Aber siehe da: im Swan Inn, einem währschaften Pub gabs noch ein letztes Zimmer. Und der Hund? No Problem. Ich hätte der jungen Dame um den Hals fallen können. Die Alternative wäre nämlich gewesen: Zwei Stunden warten und dann mit dem Bus wieder zurück auf Start. Jetzt sind wir beide geduscht, haben beide gegessen und freuen uns aufs Bett. So bescheiden wird man.

Freitag, 15. Juni 2012

Andere Länder, andere Sitten

Nach Holland, Belgien und Frankreich bin ich nun also in UK eingereist. Alles europäische Länder - und doch von der Lebenskultur her so unterschiedlich. In England bspw. war ich schon bei der Zugfahrt in Richtung London wie in einer anderen Welt. Alles sauber, alles gepflegt. Selbst die kleinsten Bahnhöfchen gepützelt und gestriegelt (vielleicht wegen des Thronjubiläums vom Lisebethli???). Alle sehr hilfsbereit und sehr freundlich. Die Ordnung war bereits auf dem Schiff erlebbar, wo es an der Bar zum ersten Mal hiess: Please stand in queue! Die Engländer halten sich auch heute noch streng an dieses Prinzip. Das bringt natürlich mit sich, dass man sofort mit allen vorne und hinten in der Reihe ins Gespräch kommt. Macht es doch sympathisch und ist meist auch lustig. Die Engländer beherrschen das 1•1 der Gesprächsführung bestens. Stets hat man das Gefühl, sie sind ernsthaft an der Geschichte des anderen interessiert. Im Gegensatz dazu die Franzosen, die dich schnoddrig etwas fragen und dann meist nicht die ganze Antwort abwarten.
Leider oute ich mich jeweils in den ersten Tagen im neuen Land als blutiger Anfänger, wenn ich nicht weiss, ob man jetzt an der Bar bestellt oder am Buffet oder ob man am Tisch bezahlt, oder eben doch beim Hinausgehen am Buffet. Ich arbeite daran.
Alles hat natürlich seinen Preis. England ist deutlich teurer als Euroland - das kann ich bereits nach den ersten Tagen sagen.
Des weiteren habe ich noch keinen Tee getrunken, auch noch keine weissen Böhnchen an Tomatensauce zum Zmorge gegessen.
Bin gespannt, wie laut die Nacht heute wird. Die Strassen sind leergefegt, die Pubs voll. Momentan ist Halbzeit, 1:0 für England gegen Schweden.
Übrigens bin ich doch froh, nicht mehr in Holland zu sein während der Euro. Ich hätte kein Wort Deutsch mehr sprechen können.........
Oh my god! Schweden hat ausgeglichen. Jetzt wirds aber ernst.
Übrigens: Luna hat ihren eigenen Shop hier in Weymouth. Edel, oder nicht?
Unterdessen hat Schweden noch ein Tor geschossen. Mir schwant Böses.

Planänderung

Die vorgeschriebenen 24 Stunden, die wir nach der Wurmkur in Calais abwarten mussten, bevor wir in England einreisen durften, wurden genutzt, um den nächsten Reiseabschnitt genauer zu planen.
Da ich ja meine Freiheit in vollen Zügen geniesse, habe ich meine ursprünglichen Pläne erst mal kurzerhand über den Haufen geworfen. Statt sofort im Südosten loszuwandern, werde ich nun auf den South West Coast Path einsteigen. Dieser soll einer der schönsten Weitwanderwege der Welt sein. Er führt rund um Cornwall - Rosamunde Pilcher lässt grüssen. Das heisst, von Dover weiterreisen nach Bournemouth - vier Stunden Fahrt mit dem Zug.
Dazu mussten wir eine Kurve nach London machen, das sich von weitem und im Regen gar nicht anmächelig präsentierte. In London Waterloo bei Rushhour umgestiegen - sehr lustig mit Rucksack und Hund mit Rucksack.....;-))
Abends um acht Uhr noch auf Hotelsuche in Bournemouth. Klappte aber bereits beim ersten Anlauf.
Am nächsten Morgen hiess es, sich neu zu orientieren und Informationen zur Route zu beschaffen. Ich fuhr mit dem Bus zuerst nach Poole, dann nach Swanage. Nachdem ich endlich einen Guide für den Coast Path gefunden hatte, stellte ich fest, dass Swanage ein ungünstiger Startpunkt war. Tja so geht das eben mit den Spontanideen. Deshalb heute nochmals Busetappe nach Weymouth. Von hier gehts morgen los.
Das passte aber eigentlich ganz gut, weil für heute eine Wetterwarnung herausging - heftige Stürme mit ausgiebigem Regen, Gewitter und Überschwemmungsgefahr.
Nun, es war dann heute sonnig, warm und windstill....... So ist das an der Küste, sagen die Leute hier.
Weymouth ist ein herziges Badeörtchen mit viel Kinderanimation und - endlich wieder einmal - einem Hundestrand, wo Luna ausgiebig dem Ball nachjagte und neue Bekanntschaften schloss.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Eine Seefahrt die ist lustig.........

Die arme Luna. Sie muss einiges durchstehen, bis sie auf britischem Boden steht.
Seit vierundzwanzig Stunden leidet sie unter bösem Bauchweh. Madame le vétérinair hat ihr zur Entwurmung eine ganz heftige Tablette in den Rachen gedrückt. Heute gings etwas besser, die Ohren waren nicht mehr eiskalt - ein gutes Zeichen.
Gut gelaunt kommen wir früh am Schiffterminal an. Das Check in geht flott. Luna wird nach dem geforderten 'pet travel scheme' überprüft. Alles in bester Ordnung.
Ob ich bereits ein Schiff früher fahren will? Super. Bereits halte ich das Ticket dafür in der Hand. Dann kommts: Wo haben Sie eigentlich den Käfig? Ohne Käfig keine Passage für den Hund!!!
Jetzt werde ich doch ein wenig hässig. Hilft nix. Eine Lösung muss her.
Langer Rede kurzer Sinn: Die Leute der Fähre organisieren mir ein Taxi, das mich in ein weiiiiit ausserhalb Calais gelegenes Shoppingcenter fährt. Dort gibt es genau zwei Grössen von Käfigen: Für Möpse und für Deutsche Doggen.
Wir sind nun doch auf dem späteren Schiff, ausserdem um 70 Euro ärmer, dafür mit einem Käfig am Hals, den ich in Dover stehen lassen muss :((
Und die arme Luna hockt jetzt gerade, wo ich das schreibe, ein schwabbeliges Sandwich mampfe und vor mir die berühmten weissen Kreidefelsen von Dover näher und näher kommen sehe, in ihrem Mopskäfig auf dem Autodeck (zu ihrer eigenen Sicherheit, wie mir erklärt wurde) und denkt vermutlich über die Ungerechtigkeit der Welt nach. Ich hoffe, Grossbritannien und ich können das wieder gutmachen.

Calais

Nun, mit Calais ist das so: Die Hotels - und damit die Touristen - befinden sich in der bereits beschriebenen schmuddeligen Zone, auf dem Stadtplan als 'centre ville' bezeichnet. Geht man jedoch in die Aussenbezirke, finden sich nette und einigermassen gepflegte Einkaufsstrassen mit vielen kleinen Lädeli.
Ein blitzblank geschrubbtes Shoppingcenter war sogar so gepflegt, dass mich ein Securitas darauf hinwies, dass Hunde nur erlaubt seien, wenn sie auf dem Arm getragen werden. Prinzessin Luna war ganz seiner Meinung und genoss das seltene Vergnügen.
Schaut man etwas genauer hin, sind aber viele Läden in den Strassen geschlossen oder die Ladenlokale stehen leer. Es bleibt der Eindruck einer eher armen Bevölkerung.
Nur der Bürgermeister klotzt ungehemmt. Sein Gemeindehaus (Bild) hätte auch dem Sonnenkönig gefallen.
Zu erwähnen ist noch der schöne Strand und das 'cap nez blanc', das ich heute vom Schiff aus gut sehen konnte.

Montag, 11. Juni 2012

radikal grün

Sagte ich schon, dass die Franzosen Lustige sind?
Sie wollen, dass ich das Billett vor der Fahrt bereits kompostiere!!!
Man kann es auch übertreiben mit dem Umweltschutz. ;-))

Wenn eine eine Reise tut...........

Die Franzosen sind auch Lustige. Das habe ich schon erfahren, bevor ich ins Land eingereist bin. Da komme ich am Morgen zum Bus von Adinkerke nach Dünkirchen - notabene die einzige Möglichkeit, wie man mit öV vom belgischen De Panne dorthin kommt, da weigert sich der Chauffeur, Luna mitzunehmen. Versuche, ihm klarzumachen, dass ich wirklich keine Alternative habe, aber er will gar nichts verstehen. Da hilft nur noch weibliche List. Ich setze den 'ich-verstehe-leider-nicht-gut-französich-aber-ich-breche-jetzt-dann-gleich-in-Tränen-aus' -Blick auf und schon hat er verloren. Wir bekommen ein Billett. Luna verkriecht sich auch artig unter den Sitz, wo sie doch sonst jeweils den ganzen Gang in Besitz zu nehmen pflegt.
In Dünkirchen dann - Dunkerque, en français - müssen wir zwei Stunden warten. Und schon sind wir in eine arabische Spielhölle geraten. Sah aus wie eine ganz normale Bar. Drin allerdings nur Männer mit wallenden Gewändern. Am Wettschalter im Hintergrund ein fröhliches Treiben. Ich bin sehr freundlich aufgenommen worden und habe den besten Kaffee seit langem getrunken.
Dann habe ich festgestellt warum die Züge nach Calais so spärlich fahren. Dort will kein Schwein hin. Meine beiden einzigen, finsteren Mitfahrer jagen mir etwas Angst ein. Der Zug hält an mehreren Stationen im Nichts. Da wäre es ein Leichtes, mir das Portemonnaie abzunehmen und abzuhauen. So krame ich zum ersten Mal auf der Reise den Pfefferspray aus dem Rucksack. Es bleibt aber friedlich.
Calais schlussendlich erfüllt alle Klischees, die man von einer Hafenstadt hat. Schmutzig, allerlei zwielichtige Gesellen auf der Strasse, viele Rotlicht-Bars und Sexvideotheken. Vor dem Supermarkt spricht mich ein Afrikaner an, ob er bei mir übernachten könne.
Ich befürchte, das werden zwei lange Tage in Calais, seufz. Jedenfalls gehe ich hier abends nicht auf die Strasse.
Ich bin aber in einem ganz lustigen Hotel gelandet. Es scheint mir wie eine Mischung aus stylishem Stadthotel und fröhlicher Jugendherberge. Ich sitze gerade im bunten, modernen Aufenthaltsraum, trinke Tee und schaue mit einem Auge den Match Frankreich-England. Bis jetzt ist die Stimmung noch gut, ist ja auch noch kein Tor gefallen.
Übrigens: Luna findet die französischen Züge doof. Maulkorbpflicht!!

Sonntag, 10. Juni 2012

Geniessertag

Bin heute nochmals in De Panne geblieben. Wunderbare Wanderung im Naturschutzgebiet im Hinterland gemacht - ohne Gepäck - sehr locker.
Luna geriet ins Jagdfieber ob der putzigen kleinen Streifenhörnchen.
Wir treffen auf unserer Wanderung auch immer wieder überraschend auf Hasen, die sich ganz frech zehn Meter vor uns auf dem Weg lümmeln. Luna war bis jetzt in solchen Fällen trotzdem abrufbar - ich staune. Nicht schlecht für einen Terrier mit Jagdblut in den Adern. Ich nehme sie bei Hasenalarm dann aber doch an die Leine.
Das Wetter war angenehm warm. Ich konnte nach zwei Wochen erstmals wieder die Shorts montieren.
Kein Wind heute! Trotzdem habe ich 'beaufort 4' genossen: ein geniales Kunstprojekt. Entlang der ganzen Küste sind am Strand, in den Dünen, in den Ortschaften, in alten Bunkern, ja sogar im Meer Kunstobjekte installiert. Das gab immer wieder überraschende Ein-, Durch- und Anblicke und verblüffte durch grosse Vielfalt. Eine Superidee, noch zu sehen bis September.
Luna wurde heute schwupdiwup zur Kunstinstallation umfunktioniert. War ihr aber schnuppe, wie man an ihrer gelangweilten Schnute sieht - ein Servelat hätte mehr Freude gemacht.....
Chez Marcel habe ich nach den schöngeistigen auch noch den weltlichen Freuden gefrönt und einen grossen Topf herrlicher Moules geschmaust. Dazu ein Gläsli Weisswein und schon ist die Welt in Ordnung.
Morgen geht es dann früh ab nach Calais. Obwohl es bestimmt nicht mehr als 50 km sind, ergibt sich eine 3/4 Tagesreise mit Tram und Bussen. Leute, unser öV in der Schweiz ist schon genial: sauber, pünktlich, zuverlässig und transparent - nicht selbstverständlich, wie ich auf meiner Reise immer wieder feststelle.
Au revoir Bélgique!
Ich bin sehr dankbar um diesen friedlichen und versöhnlichen letzten Tag hier in Belgien.

Samstag, 9. Juni 2012

Zum Schmunzeln

Neulich vor dem Klingelknopf einer Hotelrezeption: Luna hat gebellt und gebellt.............

Durchhänger

Ich werde einfach nicht warm mit den belgischen Stränden. Alles topfeben planiert, alles verboten. Nicht mal baden darf man. Luna muss 90% an der Leine laufen, darf praktisch nie auf den Strand. Alles ziemlich freudlos.
Gestern bin ich noch zweieinhalb Stunden gelaufen, heute noch eineinhalb; dann habe ich aufgegeben und bin ins Küstentram gestiegen.
Ich bin aber tapfer an jedem Ort ausgestiegen und habe mir die Städtchen angesehen. Festgestellt, dass alles austauschbar ist. Die gleichen Appartementshäuser, die gleichen Boulevards, die gleichen Läden. So bin ich dann mit dem Tram bis an die belgisch-französische Grenze, nach De Panne, gefahren.
Das Küstentram ist eine feine Sache (siehe auch Artikel in der Thurgauer Zeitung vom 7.6. , online-Ausgabe) Es fährt den ganzen Tag in beide Richtungen der gesamten Küste entlang. In zweieinhalb Stunden kann man also von der holländischen bis zur französischen Grenze fahren und das für fünf Euro.
Die letzten beiden Tage waren eher mühsam. Ich konnte nicht laufen. Momentan herrscht extremer Gegenwind. Das ginge noch, aber am Abend ist man sandgestrahlt - leider auch die Brille. Gut, andere zahlen viel Geld für ein Peeling.....
Dann gefällt es mir nicht hier und ich hänge eine halbe Woche bis zur Überfahrt nach England im Leeren.
Zudem vermisse ich nach vier Wochen meine Lieben zu Hause. Heimweh!
Gut dass ich Luna dabei habe. Die stellt mich wieder auf.

Schwieriger Fall

Ohne Auto ist man gar nichts wert! In Holland, Belgien und Frankreich gibt es eine einzige Fährgesellschaft, die Fussgänger mit nach England nimmt. Ist das zu glauben?
Jostein hat mir gottseidank von zu Hause aus geholfen.
Also: Zug fahren durch den Eurotunnel geht nicht, ausser Luna verkleidet sich als Blindenhund.
Auf den Fähren kann man mit Auto, Lastwagen, Camper oder Velo reisen, aber nicht als Fussgänger. Ausserdem heisst es stets: Der Hund muss während der Überfahrt im Auto bleiben. Auch der Versuch, ein fiktives Velo zu buchen, scheiterte: 1 Person, 1 Hund = 'zuviele Personen für das gebuchte Fahrzeug'!!! Verzwickt. Schlussendlich fand sich dann die eine Gesellschaft, die eine Fussgängerin mit einem Hund mitnimmt. Von Calais nach Dover.
Mein Terminkalender ist wahnsinnig erschrocken, als in die gähnende Leere gleich zwei Termine eingetragen wurden: Am Dienstag beim Tierarzt in Calais Luna entwurmen; am Mittwoch Nachmittag dann Fähreüberfahrt nach Dover.
Jetzt muss ich nur noch die Knacknuss lösen, wie wir von Belgien nach Calais kommen. Scheint auch nicht ganz einfach.

Donnerstag, 7. Juni 2012

Gemischte Gefühle

Heute die Highlights der belgischen Küste gesehen. Die letzte Strecke zum Etappenziel De Haan war herrlich: Strand und Dünen satt....wenn allerdings auch der Strand hier allerorts mit riesigen Bulldozern flachgewalzt wird. Als ob das Land nicht schon genug platt wäre. Aber die wollen das halt ganz ordentlich haben, die Belgier. A propos: Neue Beobachtung am Rotlicht. Ein älteres Ehepaar und eine Familie mit zwei vorschulpflichtigen Kindern warten auf Grün. Währenddessen fährt das Tram ein, das alle erreichen wollen; das nächste erst wieder in 15 Minuten. Kein Auto weit und breit. Alle bleiben eisern stehen. Der Vater seufzt: Wir werden das Tram wohl verpassen.
Ich bin sicher, das hätte kein Holländer gemacht!
Die Belgier gucken auch immer so streng, wenn Luna und ich kommen. Das geht so: Blick auf Luna - böööööser Blick auf mich: 'Tierquälerin' denkt es hinter der gekräuselten Stirn. So schnell kann man in Ungnade fallen.
Nichtsdestotrotz, De Haan ist ein ganz herziges Städtchen - Belle Epoque überall. Sogar Albert Einstein hat hier logiert. Leider ist der Ort der einzige an der Küste, der nicht verschandelt ist. Sonst bestehen die Dörfer zur Hauptsache aus zehnstöckigen Appartementhäusern, die in der Zwischensaison fast leer sind - ein trauriger Anblick.
Kommt dazu, dass ich beim Durchmarschieren den Altersdurchschnitt kurzfristig gewaltig nach unten gedrückt habe; dafür war die Rollator-Dichte enorm hoch.
Gleich höre ich auf zu lästern - nur: Die Strandcafés fehlen mir. In Holland kam mindestens jede halbe Stunde eine gepflegte Strandbar, selbst wenn man zehn Kilometer vom nächsten Ort entfernt war. Das war praktisch; Luna musste ja ab und zu Wasser haben ;)). Hier gibt es gar keine Restaurants unterwegs - nur auf den Boulvards vor den Hochhäusern......
Damit Ihr wisst, wovon ich spreche, ist auf dem ersten Bild die Ortschaft Wenduine vom Meer aus gesehen fotografiert, auf dem zweiten von der Hinterseite, also vom Inland her (geschützter Yachthafen).

Mittwoch, 6. Juni 2012

Vorsichtige Annäherung

Natürlich habe ich mir nach zwei Tagen in Belgien kein Urteil über Land und Leute gebildet.
Fragen gestellt hingegen schon.
Meine Kenntnisse beschränkten sich bisher auf "Asterix bei den Belgiern". Daraus habe ich die Belgier als ein etwas spezielles Völkchen abgespeichert. Diese Kenntnisse sollte ich vielleicht weglassen, da aus den 80-er Jahren und nicht mehr uptodate.
Bleiben die Fragen:

Sind die Belgier etwa pingelig und überkorrekt?
Gleich bei Ankunft in Brügge wurde ein Mann, der bei Rot über die Strasse ging, kollektiv und massiv beschimpft. Er tat mir richtig leid.

Sind die Belgier besonders kultiviert?
Selten habe ich eine solche Dichte an Kirchen und Museen gesehen wie hier in Brügge. Sogar eine Madonna mit Kind von Michelangelo steht in einer der Kirchen!
Und siehe auch den kunstvoll gestalteten Bahnhof von Duinbergen auf dem Foto.

Sind die Belgier knauserig?
In dieser wunderbaren Stadt sind die Trottoirs gerade mal achtzig Zentimeter breit. Da sollten sich dann die Millionen Touristen kreuzen, ohne auf die Strasse auszuweichen und dort von einem Auto oder Velo überfahren zu werden. Arme Luna. Sie kam heute ein paar Mal zwischen fremde Beine.

Sind die Belgier sexuell besonders aufgeschlossen?
Die belgische Schokolade wird zu allerlei kunstvollen Formen verarbeitet, die wirklich sehenswert sind. Oft springen einen aber zuvorderst im Schaufenster ganze Horden von Schokoladen-Penissen an. Müsste nicht sein - ist aber lustig, wenn eine Gruppe japanischer Mädchen davor steht.

In welcher Sprache soll man den Belgier ansprechen?
Meist beginnt ein Gespräch im Restaurant mit 'Bonjour Madame'. Gibt man dann eine französisch Antwort, kommt ein völlig unverständlicher Schwall auf Flämisch zurück. So wechsle ich schliesslich auf Englisch, obwohl ich sicher bin, dass das Gegenüber Französisch könnte. Einige sprechen ein paar Worte Deutsch.

Und zum Schluss noch die wichtige Frage: Wo haben die Belgier das Parterre verloren? Die Eingangsebene ist hier gleich der erste Stock. Wenn man da mal noch den Heimweg findet nach dem Testen der 1130 belgischen Biere!!!

Ich bleibe auf jeden Fall dran und suche nach Antworten.........

In Belgien

Gestern ganz unspektakulär über die Grenze in Belgien "eingewandert". War wieder mal die einzige zu Fuss unterwegs, umzingelt von unzähligen Velos. Das Etappenziel Heist habe ich schnöde links liegen lassen, da fürchterlich öde. Stattdessen spontan in den Zug gestiegen, nach Brügge gefahren und hier für zwei Nächte eingecheckt.
Heute dann Sightseeing satt, teilweise bei strömendem Regen. Es hat sich gelohnt. Brügge ist wirklich ausnehmend hübsch, deshalb auch die Perle Flanderns genannt.
Schon früh hat hier der Denkmalschutz gegriffen, weshalb die Stadt ihr mittelalterliches Bild bewahren konnte. Auch vom Krieg wurde Brügge verschont, nicht zuletzt, weil ein deutscher Offizier sich weigerte, die Stadt in Schutt und Asche zu legen.
Heute haben sich die "Bruggelinger" voll dem Tourismus verschrieben. 3-4 Millionen Besucher pro Jahr. Zum Glück waren die nicht alle heute da.

Montag, 4. Juni 2012

Und es gibt sie doch!

Tot ziens!

Wir sind durch. Die holländische Küste ist abgewandert.
Mit der Fähre heute von der letzten Deltainsel aufs Festland gefahren. 2.80 Euro für 25 Minuten Überfahrt, der Hund gratis - das nenne ich ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis.
Bin ganz wehmütig. Holland ist mir sehr ans Herz gewachsen. Hier ein kunterbuntes "best of":
Wind im Haar jeden Tag - musste bereits eine Haarkur gegen das Stroh auf dem Kopf kaufen
der Himmel von unschlagbarer Dramatik
das Meer einfach schöööön
habe die grösste Velodichte Europas vorgefunden - in Amsterdam Alpträume, von einem Velo überfahren zu werden
du findest die steilsten Treppen in den Häusern (habe mich immer gefragt, wie das die Senioren bewältigen)
der frische Pfefferminztee ist fein, insbesondere mit einer Prise Nelkenpulver; die Servierart ist einfach spitze
Die Holländer an sich habe ich ja schon an anderer Stelle beschrieben. Hier nochmals mein ergänztes Fazit: sie sind aufgeschlossen und sehr freundlich, tierlieb, sportlich, fussballverrückt, aber kulinarische Tiefflieger (Frittiertes mit Mayo überall). Leide aber nicht an Skorbutt, bin ja im Tomatenland.
Ich habe mich sehr wohl gefühlt in Holland. Das hat vor allem mit den interessanten Begegnungen zu tun.
Soll ich bedauern, die EM nicht im Land zu erleben? Bin unschlüssig.
Ein tolles Land, dieses Holland, aber halt schon wahnsinnig flach..........